Tonnenlager Hinterachse erneuern

Vorwort

Diese Seite beschreibt, wie man beim E28 (und bestimmt anderen BMWs) die Tonnenlager der Hinterachse wechselt, ohne Spezialwerkzeug zu verwenden. Allerdings schwing ich erst mal den Wichtig-Zeigefinger: das Ganze war kein großer Spaß, man sollte sich wirklich überlegen, es in einer Werkstatt (des geringsten Misstrauens) machen zu lassen. Ich habe es nur selbst gemacht, weil

  • ich eine Werkstatt habe, in der ich das Auto notfalls auch ein paar Tage stehen lassen kann
  • diese Werkstatt für eine Privatwerkstatt ganz gut ausgerüstet ist
  • das Auto mit kaputten Hinterachslagern nicht fahrbereit war
  • und ich Autowerkstätten hasse (schlechte Erfahrungen)

Die Tonnenlager gibt es günstig bei ebay; das mittlere Lager sollte man auch erneuern, gibt’s bei BMW für ca. 35 EUR

Diagnose

Woran erkennt man defekte Tonnenlager? Am Rumpeln, wenn die Hinterachse auf den Auspuff kracht 🙂 So war es jedenfalls bei mir. Die Tonnenlager hatten soviel Spiel, dass die Achse beim Fahren mehrere Zentimeter vor- und zurück marschiert ist. Dadurch hat sich das Gewinde aus dem Mittellager verabschiedet – kawumm.

Ausgeschlagene Tonnenlager erkennt man, wenn man jemand bittet, mit dem wunderbaren BMW anzufahren, während man selbst von unten auf die Tonnenlager schaut. Das geht auch auf der Straße, man braucht keine Grube. Wenn die Lager kaputt sind, sieht man eine deutliche Bewegung der Achse.

Im Vergleich neu gegen alt (ausgebaut) kann man’s auch schön sehen:

Was braucht man?

  • Hinterachs-Tonnenlager (links und rechts gleich); gibt’s relativ günstig bei ebay
  • Mittellager (am Differential); würde ich auch erneuern (s.o.), wenn die Tonnenlager kaputt sind, wird das Mittellager überbeansprucht
  • Schweißbrenner oder große Lötlampe, Feuerlöscher
  • Gewindestange oder besser Schraube M14, ca 25cm lang, mit dicken, stabilen Scheiben in verschiedenen Größen, bis ca. 10cm Durchmesser (zum Einziehen der neuen Lager)
  • Einen Wagenheber (z.B. kleiner Rangierwagenheber aus dem Baumarkt)
  • Einen zylinderförmigen Gegenstand, ca 8-10cm Durchmesser, und etwa genauso hoch, oder etwas ähnliches
  • ein paar Bier

Los geht’s

  • Wagen hinten aufbocken; dabei nicht wie sonst die Böcke an den Tonnenlagern unterstellen (logo), sondern an den hinteren Wagenheberaufnahmen.
  • Sitzbank rausnehmen; dazu an der Vorderkante der Sitzbank genau in der Mitte eine Schraube SW10 lösen und die Sitzbank rausnehmen.
  • Differential mit Wagenheber abstützen, das Mittellager vom Differential abschrauben (SW19) und die Achse ca. 10cm ablassen.

Ausbau

  • A so a schön’s Auto!

    an einer Seite die Verschraubung des Tonnenlagers lösen

  • unten an den Tonnenlagern die Mutter SW22 abschrauben
  • Stützbleche vorn am Rahmenboden (SW13) lösen
  • den 14er Bolzen, auf dem die 22er Mutter saß, mit angesetzter Mutter mit dem Hammer nach oben durchschlagen.

Jetzt sollte die Achse sich am Tonnenlager ca 10cm runterdrücken lassen. Wenn nicht, muss das Differential weiter runter. Jedenfalls muss der zylinderförmige Gegenstand jetzt zwischen Tonnenlager und Rahmenboden platziert werden, damit wir das Lager nachher mit dem Wagengewicht rausdrücken können:

Der Achsträger muss neben dem Tonnenlager noch abgestützt werden; man kann den Wagenheber nehmen, weil das Differential jetzt eh entlastet werden muss (damit die Achse runter kommt).

Jetzt kommt der schönste Teil: der Schweißbrenner! Der Achsträger am Tonnenlager wird so lang erhitzt, bis das Tonnenlager zischt wie Speck in der Pfanne. Auf keinen Fall den Achsträger glühen lassen, dann müsst Ihr ihn eigentlich wegschmeißen… Mit dem Schweißbrenner reichen ca. 5 Sekunden, dann einmal kräftig auf den Schweller springen (vorher Tür öffnen 🙂 ) und dann fliegt das alte Lager raus. So hat’s bei meinem auf beiden Seiten geklappt.

Einbau

Vor dem Einbau muss man die Lageraufnahme entrosten. Es dürfen wirklich keine scharfen Kanten von Rostzunder etc mehr drin sein, sonst geht das neue Lager fast nicht rein. Drahtbürste reicht da nicht, man braucht ein Stemmeisen oder etwas anderes hartes, um den Zunder rauszukriegen. Ist das geschehen, schmiert man das neue Lager idealerweise mit Reifenmontagepaste ein. Wer das (wie ich) nicht zu Hause hat, nimmt Schmierseife, Hirschtalg oder Hautcreme. Öl und Fett greifen den Gummi mit der Zeit an – daher nicht zu empfehlen. Jetzt bastelt man sich aus der 14er Schraube (ca. 25cm lang) und den großen, dicken Scheiben einen Einzieher. Dabei darauf achten, dass die Gumminasen oben am Lager nicht zerquetscht werden, und auf keinen Fall die Kraft auf die Alu-Buchse wirkt, sondern nur auf den Rand des Lagers/der Tonne. Sonst könnt ihr das Lager gleich wieder rausfraddeln. Beim Anziehen der Einziehermutter sollte bei jeder Drehung eine Bewegung am Lager sichtbar sein, sonst stimmt was nicht (Dreck/Rost, kein Schmier, etc.).

Das war der spannende Teil. Wenn möglich, sollte man die drei Lager (links, mitte, rechts) bei auf den Rädern stehendem Auto anziehen.

Ergebnis

Es hat sich mächtig gelohnt – nicht nur, dass die Achse nicht mehr wackelt und das Mittellager abreißt. Der wunderbare BMW hat auch wieder einen perfekten Geradeauslauf, das Klack-Geräusch beim Anfahren ist weg und das Rumpeln beim Fahren über kleine Unebenheiten auch.